Dass der Werkstattmitarbeiter schon vorher weiß, wenn eine Komponente des Autos ausfällt, ist keine Zukunftsmusik: Die sogenannte proaktive Wartung wird zur Best-Practice in der Automobilindustrie. OEMs sollten sich jetzt auf diesen tiefgreifenden Wandel vorbereiten. Das Ersatzteilmanagement bzw. die Logistik spielen dabei eine große Rolle.
Fällt im Zusammenhang mit dem Automobilbereich der Begriff „Service“, denken die meisten Fahrzeughalter vermutlich an die sogenannte Inspektion, eine routinemäßige Wartung, die meist im Abstand von zwei Jahren durchgeführt wird – ungeachtet der individuellen Anforderungen des Kunden oder seines Wagens. Ungeplante Ausfälle lassen sich so nicht verhindern. Denn die Werkstatt ist bei diesem „Break-Fix-Modell“ gezwungen, reaktiv zu agieren; sie kommt es nach einem Defekt ins Spiel. Um lange Wartezeiten bei der Reparatur zu vermeiden, müssen OEMs sehr viele unterschiedliche Ersatzteile auf Lager haben. Für die Verwaltung dieser Bestände kommen immer noch größtenteils Excel-Tabellen und alte ERP-Systeme zum Einsatz. Die Folgen sind Überkapazitäten und unnötig hohe Kosten.
Vorausschauende Wartung
Dieses Modell ist gerade im Umbruch: Zu einem besseren und effizienteren Kundenservice tragen Cloud-basierte Ersatzteilmanagementlösungen bei. Schnell und unkompliziert in bestehende ERP-Systeme integriert, verhelfen sie den Herstellern zu größeren Margen und einem größeren Umsatz aus dem After-Sales-Service. Zwischen dem ERP-System und der Ersatzteilmanagementsoftware findet ein reger Datenaustausch statt. Der Kundendienst ist somit in der Lage, überhöhte und veraltete Bestände abzubauen, den Warenfluss von Ersatzteilen zu verfolgen und vorauszusehen, wann neue Komponenten benötigt werden. Diese „hellseherischen“ Fähigkeiten des zeitgemäßen Ersatzteilmanagements ermöglichen es, benötigte Teile bereits zu ordern, bevor der Ausfall eintritt. Genauer gesagt können Hersteller mithilfe von Big Data bestimmen, wann ein Teil ausfallen wird, das Steuergerät des Kundenfahrzeugs informieren und im Anschluss mit dem Kunden einen Service planen. Die Gefahr eines Defekts wird so frühzeitig ausgeschlossen – angesichts zunehmender Kundenerwartungen ein Must-have. Daher verschaffen sich OEMs mittels moderner Ersatzteilmanagementsoftware einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Marktbegleitern und den an Bedeutung gewinnenden E-Commerce-Websites von Drittanbietern.
Echtzeit-Monitoring als wichtiger Teil der Gleichung
Mittels Telematik wird die Cloud-Technologie mit unterschiedlichen Händlerverwaltungssystemen und dem Fahrzeug selbst verbunden. Neufahrzeuge sind heute in der Regel mit Sensoren ausgestattet, die Echtzeitdaten ausgeben, beispielsweise über die Fahrzeugposition und die Leistung. Das kontinuierliche Monitoring dieser Daten kann der Prognose künftiger Service-Aktionen dienen und ermöglicht es OEMs, einen besonders schnellen Service anzubieten: Sie können Ausfälle von Teilen viel genauer vorhersagen.
Vom Kauf zum Abo: Kunde und Hersteller profitieren gleichermaßen
Für ein maximal positives Kundenerlebnis sollten OEMs darüber hinaus auf eine Ausfallschutzgarantie umsteigen, die als Abonnement oder „Subscription“ verkauft wird. Denn Kunden sind Services zunehmend wichtiger als das Produkt selbst. Immer mehr Hersteller bieten daher Dienstleistungspakete für eine monatliche Pauschalgebühr an. Das gilt auch für den Einkauf von Ersatzteilen. Endkunden zahlen bei diesem Modell demnach für die Leistung des Fahrzeugs über einen bestimmten Zeitraum. Auch für den OEM ist das von Vorteil, denn ein Abonnement bringt ihm einen stetigen Umsatz anstatt eines einmaligen Produktumsatzes. Bei der Systemumstellung auf eine Cloud-basierende Ersatzteilmanagementlösung ist es wichtig, neben der technischen auch die menschliche Komponente zu berücksichtigen: Die Schulung der Servicemitarbeiter ist ebenso wichtig wie die Implementierung entsprechender Technologien. Idealerweise wird eine optimale Mischung aus Praxiswissen und dem nötigen Verständnis für die Software geschaffen.