Nur reagieren ist voll retro: Der Weg zum zukunftsfähigen Service in der Instandhaltung mit vorausschauendem, digitalem Ersatzteilmanagement führt über das IoT.
Bei vielen Unternehmen, die im Automobil- und Maschinenbausektor Kundenservice-Leistungen anbieten, ist das Ersatzteilmanagement sehr reaktiv gestaltet: Kunde meldet Ausfall in der Anlage – erforderliche Ersatzteile werden beschafft – Servicebetrieb führt Reparatur durch.
Dieses Break-Fix-Modell ist jedoch nicht zukunftsfähig. Der Weg zu einem proaktiven Kundenservice in der Instandhaltung mit vorausschauendem, digitalem Ersatzteilmanagement führt über das Internet of Things (IoT).
Shortcuts zum Inhalt:
– B2C-Abomodelle verändern auch die Instandhaltung
– Das IoT als Grundlage für proaktive Instandhaltung
– In vier Schritten zum proaktiven Kundenservice
1. Schritt: Reaktive Instandhaltung
2. Schritt: Präventive Instandhaltung
3. Schritt: Prädiktive Instandhaltung
4. Schritt: Proaktive Instandhaltung
B2C-Abomodelle verändern auch die Instandhaltung
Buzzwords wie „Product-as-a-Service“ (PaaS) oder „Servitization“ tauchen immer häufiger in den Wirtschaftsbereichen Automotive und Maschinenbau auf. Was diese Trendthemen auch im Kundenservice der Unternehmen und in der Instandhaltung forciert, ist das veränderte Kundenverhalten.
Erfolgreiche Abo-Modelle wie Spotify oder Netflix führen dazu, dass die Verbraucher daran gewöhnt sind, nicht selbst ein Produkt zu kaufen, sondern eine monatliche Pauschale für einen Dienst zu entrichten. Aufgrund des gestiegenen Interesses an solchen flexiblen PaaS-Modellen findet ein Umdenken bei OEMs und produzierenden Unternehmen statt. Sie wollen noch individuellere Kundenbetreuung durch ihre Mitarbeiter und ihren Service anbieten. Um dies zu erreichen, ist ein digitaler Wandel notwendig.
Das IoT als Grundlage für die proaktive Instandhaltung
Die Grundlage für diese Veränderungen ist das Internet der Dinge. Mit kostengünstigen IoT-Sensoren, leistungsfähigen Controllern und drahtloser Kommunikation können PaaS-Modelle schnell eingeführt werden. Moderne IoT-Netzwerke ermöglichen es beispielsweise dem Kundendienst, die Fernüberwachung von Ersatzteilen mit der Datenanalyse zu verbinden.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass alle Teile oder Produkte IoT-fähig sind. Derzeit gibt es in Unternehmen der Automobil- und Maschinenbauindustrie noch unzählige Maschinen, die nicht digital vernetzt werden können. Die Folge: Im Falle einer Störung müssen Reparatur und Wartung dieser Anlage wie gewohnt im Break-Fix-Modus durchgeführt werden.
Das bedeutet, dass die Mitarbeiter der für den Service zuständigen Unternehmen die defekten Teile der Maschine erst dann reparieren, wenn sie ausfallen. Dieser Ansatz ist sehr reaktiv und auf lange Sicht kostspielig.
Deshalb beschäftigen sich die Hersteller von Automobilen und Maschinen mit dem Einsatz von IoT-fähigen Produkten und Ersatzteilen, um Wartung und Instandhaltung proaktiv planen zu können. Auf diese Weise können Störungen, Ausfälle und Maschinenstillstände drastisch reduziert werden. Gleichzeitig steigen die Produktivität und die Servicequalität.
In vier Schritten zum proaktiven Kundenservice
Die Entwicklung vom Break-Fix-Modell zum proaktiven Kundenservice mit vorausschauendem, digitalem Ersatzteilmanagement lässt sich in vier Entwicklungsschritte unterteilen:
1 – Reaktive Instandhaltung: Der Status quo in vielen Unternehmen ist der klassische Pannendienst oder Reparaturservice. Es wird auf den Ausfall z.B. einer Maschine oder einer Anlage reagiert. Da es keine digitale Datenübertragung zwischen den Herstellern und ihren Teilen oder Produkten gibt, können Reparaturen oder andere Wartungsmaßnahmen erst nach einem Stillstand durchgeführt werden. Im Rahmen dieses reaktiven Break-Fix-Service haben die Hersteller geringe Lagerkosten. Sie verkaufen Serviceteile an ihre Kunden.
2 – Präventive Instandhaltung: Es ist an der Zeit, auf einen präventiven Service umzustellen. Die Hersteller sind noch nicht digital mit ihrem Produkt vernetzt, aber die Serviceunternehmen versuchen, durch regelmäßige Wartung Ausfälle oder Maschinenstillstände zu verhindern. In der Automobilbranche wird dies bereits praktiziert: Die Hersteller weisen ihre Kunden an, ihre Fahrzeuge alle zwei Jahre oder alle 30.000 Kilometer warten zu lassen. Kommt es doch einmal zu einem Ausfall, kann das Serviceunternehmen seinem Kunden für die Dauer der Reparatur einen Leihwagen des Herstellers zur Verfügung stellen.
Eines ist sicher: Auch bei der vorbeugenden Wartung gibt es Ausfallzeiten. Ziel sollte es jedoch sein, ungeplante Ausfallzeiten komplett zu vermeiden. Damit könnten sowohl die Lager- als auch die Wartungskosten nachhaltig gesenkt werden. Die Kunden erhalten nun einen Service, der Ersatzteilmanagement und Wartung umfasst.
3 – Prädikative Instandhaltung: Die Arbeitsweise von Herstellern und zugehörigen Dienstleistungsunternehmen wird durch die Einführung eines vorausschauenden Dienstes grundlegend verändert. Sie sind zumindest teilweise digital mit den Produkten vernetzt. IoT-fähige Produkte und Teile machen dies möglich: Über Sensoren erhalten die Hersteller in regelmäßigen Abständen Daten über den Standort, die Betriebsstunden oder die Nutzung des Kundenfahrzeugs.
Diese Erkenntnisse können genutzt werden, um mögliche Wartungsarbeiten vorherzusagen. Im Vergleich zum präventiven Ansatz werden Serviceprognosen nicht pauschal erstellt, sondern individuell entwickelt – basierend auf den tatsächlichen Nutzungsdaten. Dieser Informationsvorsprung durch Datenanalyse ermöglicht es, eine personalisierte Wartungsstrategie aufzustellen. Denkbar wären zum Beispiel All-Inclusive-Verträge, die eine Service-Level- oder Betriebszeitgarantie enthalten. Anstelle des traditionellen Produktverkaufs bieten die Hersteller nun den Zugang zu einem Produkt an. Dieser umfasst alle Teile und Dienstleistungen, die während der Vertragslaufzeit benötigt werden.
Was jetzt neu ist: Mit dem Predictive-Service-Ansatz wird das Risiko eines Teileausfalls vom Kunden auf den Hersteller oder seinen Dienstleister übertragen. Der Hersteller garantiert durch den Zugang zum Produkt eine bestimmte Betriebszeit und Zuverlässigkeit. Kann er diese nicht einhalten, tritt seine vertragliche Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe an den Kunden in Kraft. Daher sollte der Service noch stärker auf genaue Prognosen und Analysen ausgerichtet werden.
Künftige Serviceverträge müssen die Kosten für den Verbrauch von Teilen und Dienstleistungen abdecken. Das Ziel in der Vorhersagephase ist es, ein minimales Vertragsrisiko und maximale Informationen über das verwendete Produkt zu erhalten. Die Hersteller sind bereits bei der Unterzeichnung eines Servicevertrags über mögliche Geschäftsrisiken informiert.
4 – Proaktive Instandhaltung: Die proaktive Instandhaltung geht noch einen Schritt weiter. Hier sind die Hersteller vollständig digital mit den Produkten vernetzt. Das bedeutet, dass sie oder die Servicemitarbeiter über IoT-fähige Teile Echtzeitdaten erhalten. Integrierte IoT-Sensoren liefern, gegebenenfalls über die Cloud, Werte über Standort und Produktnutzung, aber auch über Temperatur, Vibrationen, Druck und Energieverbrauch des Produkts.
Verknüpfen Hersteller die Sensordaten mit KI-Technologien, erhalten sie Informationen über mögliche Produkt- oder Bauteilausfälle. Dienstleister sind so in der Lage, eine optimal abgestimmte, kundenspezifische Wartungsstrategie zu entwickeln. Nimmt der Kunde einen proaktiven Service in Anspruch, zahlt er nicht für ein Produkt, sondern für ein Ergebnis.
Mit der Menge an hilfreichen Daten und Prognosen, die das IoT liefert, wird auch das Ersatzteilmanagement auf ein neues „proaktives“ Niveau gehoben. Unternehmen können nun ihre Gesamtlieferkosten erheblich minimieren.
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